Tierarztbesuch: Stress pur!
- zumlorcheborn

- 10. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 23. Nov.

Tierarztbesuche können für Hunde und Katzen stressig sein und das zeigt sich schon beim Betreten der Praxis. Eine aktuelle Studie, veröffentlicht 2025 in Animals, hat untersucht, wie sich der Aufenthalt im Wartezimmer auf das Wohlbefinden von Haustieren aus Sicht ihrer Besitzer auswirkt.
Tierarztbesuch: Stress pur für die meisten Haustiere
Tierarztbesuche gehören für viele Hunde und Katzen zu den unangenehmen Erlebnissen ihres Lebens. Schon beim Betreten der Praxis zeigt sich oft deutlich, wie gestresst die Tiere sind: Zittern, Rückzug oder lautstarkes Klagen sind nur einige der typischen Stresssymptome.
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht 2025 in der Fachzeitschrift Animals, hat sich genau diesem Phänomen gewidmet und untersucht, wie der Aufenthalt im Wartezimmer das Verhalten und das Wohlbefinden von Hunden und Katzen beeinflusst und welche Rolle dabei die Wahrnehmung der Besitzer spielt.
Studie: Einschätzung des Tierverhaltens beim Tierarztbesuch
Die Studie mit dem Titel “Pet Owners’ Perceptions of Key Factors Affecting Animal Welfare During Veterinary Visits” befragte insgesamt 94 Haustierhalter, darunter 55 Hundebesitzer und 39 Katzenhalter, die ihre Tiere aus einem realen Grund in eine Tierarztpraxis brachten.
Im Mittelpunkt stand die Beobachtung und Einschätzung des Verhaltens der Tiere durch ihre Besitzer zu drei definierten Zeitpunkten:
beim Betreten der Praxis
kurz nach dem Eintreten und
nach etwa zehn Minuten Aufenthalt im Wartezimmer
Ziel war es, zu erfassen, welche Stress oder Angstreaktionen auftreten und welche Faktoren aus Sicht der Halter den Besuch für ihre Tiere angenehmer gestalten könnten.
Die vollständige Studie findest du unter anderem hier: https://www.researchgate.net/publication/390017615_Pet_Owners’_Perceptions_of_Key_Factors_Affecting_Animal_Welfare_During_Veterinary_Visits
Erkenntnisse aus der Studie
Die Ergebnisse zeigen ein klares Muster: Direkt nach dem Betreten der Praxis befinden sich viele Tiere in einem hohen Stresszustand. Die Besitzer berichteten von Zittern, zurückgezogenem Verhalten, eingekniffenem Schwanz, auffälligem Maunzen oder Bellen.
Besonders Katzen wirken oft überfordert, während Hunde je nach Temperament zwischen Unsicherheit und aktiver Abwehr schwanken.
Interessanterweise zeigte die Studie, dass sich diese Symptome bereits nach etwa zehn Minuten im Wartezimmer deutlich abschwächen können. Viele Tiere begannen, die Umgebung vorsichtig zu erkunden und wirkten merklich entspannter.
Länger warten = weniger Stress?
Die Autoren betonen jedoch, dass dies nicht bedeutet, dass längeres Warten automatisch zu weniger Stress führt.
Tatsächlich hängt das Verhalten stark von der Situation ab: Ein gestresstes Tier, das merkt, dass sein Besitzer unruhig ist oder die Praxis überfüllt und laut ist, kann schnell zusätzlichen Stress aufbauen.
Die ersten Minuten im Wartezimmer scheinen daher eine Art kurze Orientierungsphase zu bieten, in der das Tier die neue Umgebung wahrnehmen und sich an die Situation gewöhnen kann.
Längere Wartezeiten ohne positive Orientierung oder ohne ruhige Atmosphäre können dagegen kontraproduktiv sein.
Stress: Wechselwirkung zwischen Halter und Tier
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie betrifft die Wahrnehmung der Halter selbst. Viele Besitzer gaben an, dass sie sich stark verantwortlich fühlen, den Besuch für ihr Tier möglichst stressfrei zu gestalten.
Gleichzeitig überträgt sich die eigene Anspannung häufig direkt auf das Tier. Wer selbst ungeduldig oder nervös wird, erhöht unbewusst den Stresslevel seines Vierbeiners.
Daher ist es aus Sicht der Autoren entscheidend, dass Tierhalter versuchen, selbst ruhig und gelassen zu bleiben, sei es durch bewusstes Atmen, langsames Sprechen oder kleine Beschäftigungen während des Wartens.
Weitere maßgebliche Faktoren des Wartezimmers
Die Studie zeigt auch, dass die Gestaltung des Wartezimmers einen messbaren Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere haben kann.
Viele Praxen haben getrennte Wartebereiche für Hunde und Katzen, was Stress reduziert. Noch wirksamer kann es sein, wenn Räume oder Bereiche so eingerichtet werden, dass direkte Sicht und Kontaktmöglichkeiten zu anderen Tieren minimiert werden. Besonders bei Hunden, die auf die Anwesenheit anderer Artgenossen stark reagieren, können solche Séparées dafür sorgen, dass die Tiere schneller zur Ruhe kommen.
Tipps für Tierhalter im Wartezimmer einer Tierarztpraxis
Für Tierhalter lassen sich aus den Ergebnissen der Studie einige klare Empfehlungen ableiten:
Plane möglichst kurze Wartezeiten ein (klare Terminvereinbarung und Absprache/Rückfrage bei der Praxis helfen an dieser Stelle).
Nutze die Zeit im Wartezimmer gezielt, um deinem Tier Orientierung zu geben.
Versuche selbst, ruhig zu bleiben, denn deine Anspannung wirkt sich direkt auf das Tier aus.
Beobachte dein Tier genau und gib ihm die Möglichkeit, sich an die Umgebung zu gewöhnen, bevor es in das Behandlungszimmer geht.
Eine ruhige Atmosphäre, ein gut durchdachtes Wartezimmer und die aktive Einbindung des Besitzers tragen wesentlich dazu bei, den Stresslevel von Hund und Katze zu reduzieren.
Zusammengefasst macht die Studie deutlich: Das Wartezimmer ist tatsächlich ein entscheidender Ort für den Tierarztbesuch aber nicht, weil Wartezeit beruhigt, sondern weil die ersten Minuten genutzt werden können, um das Tier zu orientieren, zu beobachten und ihm Sicherheit zu vermitteln.
Wer dies beherzigt, kann nicht nur das Wohlbefinden der Tiere steigern, sondern auch die Erfahrung für die Halter selbst deutlich angenehmer gestalten.
C. Kaul



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