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Was ist echte Ruhe?

  • Autorenbild: zumlorcheborn
    zumlorcheborn
  • 4. Sept.
  • 18 Min. Lesezeit
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In einer Welt voller Reize, Menschen, Autos, Hektik und Aktivitäten fällt es vielen Hunden schwer, zur Ruhe zu kommen. Besonders junge, aktive oder reizempfindliche Hunde entwickeln oft keine ausreichenden Strategien zur Selbstregulation. Die Folge: Dauerstress, problematisches Verhalten, Konzentrationsmangel und eine erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten.

Ruhetraining bedeutet nicht Gehorsam, sondern Entlastung. Es hilft Deinem Hund, einen ruhigen Zustand selbst anzusteuern ohne Druck, Strafe oder Zwang. Und es fördert das emotionale Gleichgewicht genauso wie die Gesundheit.

Was ist echte Ruhe?

Ruhe ist nicht dasselbe wie „sich nicht bewegen“. Ein Hund kann stillliegen und innerlich hochgradig angespannt sein etwa beim Warten vor dem Futternapf oder wenn er unterdrückt wird.

Echte Ruhe zeigt sich an:

weichem Gesichtsausdruck

lockerem Körper

langsamer Atmung

entspannter Rute und Muskulatur

leisem, gelegentlichem Seufzen

Ruhetraining hat zum Ziel, diesen Zustand bewusst aufzubauen, erst über Verhalten, dann über Gefühl und Wiederholung.

Praxisanleitung: Erste Beobachtungsübung

Bevor Du ins Training startest, beobachte Deinen Hund einige Tage gezielt. Mach Dir Notizen:

Wann zeigt er sich von sich aus ruhig und gelöst?

In welchen Situationen ist er unruhig?

Wie lange schläft oder döst er am Tag?

Wie ist seine Erregung nach Spaziergängen, Spiel oder Fütterung?

Beobachtungsprotokoll (3 Tage):

Uhrzeit

Situation

Verhalten

Erregungsgrad (1–5)

Dauer

08:00

Nach dem Spaziergang

Dösen in Körbchen

2

25 min

13:30

Besuch kommt

Hecheln, Bellen, Umherlaufen

5

40 min

Diese Basis hilft Dir, Deinen Trainingsplan auf die echten Bedürfnisse Deines Hundes abzustimmen und nicht einfach irgendeine Methode zu kopieren.

Checkliste: Wann ist Ruhetraining sinnvoll?

Frage

Antwort

Reagiert mein Hund oft überdreht oder hektisch?

Ja / ⬜ Nein

Hat er Mühe, nach Aufregung wieder runterzukommen?

Ja / ⬜ Nein

Liegt er oft wach, scannt die Umgebung?

Ja / ⬜ Nein

Kann er nicht allein entspannen?

Ja / ⬜ Nein

Erscheint er reizempfindlich oder schnell überfordert?

Ja / ⬜ Nein

Wenn Du mehrmals „Ja“ angekreuzt hast, ist Ruhetraining nicht nur sinnvoll, sondern essenziell.

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Verstehe, was echte Ruhe bedeutet.

Erkenne bei Deinem Hund Anzeichen von Anspannung oder Entspannung.

Dokumentiere typische Tagesphasen und sein Ruheverhalten.

Verhalten vs. Gefühl. Was ist Ruhe wirklich?

Warum „ruhig liegen“ nicht immer Ruhe bedeutet

Viele Trainingsmethoden zielen darauf ab, dass der Hund sich hinlegt, stillhält oder „ruhig wirkt“. Doch das allein reicht nicht. Ein Hund kann äußerlich ruhig, aber innerlich unter Stress sein etwa, wenn er gelernt hat, dass Aufregung unerwünscht ist.

Typische Anzeichen für Anspannung trotz Ruhehaltung:

angespannte Körperhaltung (Muskeltonus hoch)

Ohren gespitzt, Augen weit offen

angestrengtes Hecheln

ständiges Scannen der Umgebung

plötzliche Reaktionen (Aufspringen, Bellen)

➡️ Das Ziel ist nicht verordnetes Stillhalten, sondern echte emotionale Regulation: Der Hund fühlt sich ruhig nicht nur, er verhält sich ruhig.

Emotionale Zustände erkennen und verändern

Emotionale Zustände sind schwerer zu beeinflussen als Verhalten, aber sie lassen sich konditionieren. Das bedeutet:

Wir verknüpfen neutrale Reize (z. B. eine Matte oder ein Duft) mit einem positiven Entspannungszustand durch Wiederholung und Verlässlichkeit.

Beispiel: Wenn Dein Hund jeden Tag nach dem Spaziergang auf seiner Matte liegt, Du ruhig atmest und ihn sanft streichelst oder ein ruhiges Kauspielzeug gibst, entsteht mit der Zeit eine „Ruhe-Erwartung“. Das ist klassische Konditionierung.

Praxisanleitung: Körpersprache richtig lesen

Setz Dich in Ruhe mit deinem Hund zusammen ohne Ablenkung und beobachte:

  1. Wie sieht er aus, wenn er tiefenentspannt ist?→ Atmung? Augen? Maulstellung? Körperhaltung?

  2. Welche Anzeichen siehst Du bei Anspannung?→ Stirnfalten? Muskelzittern? Krallen eingezogen oder gespreizt?

  3. Vergleiche beide Zustände schriftlich.

Mini Übung: Tabelle mit positiven und negativen Körpersignalen ergänzen:

Zustand

Anzeichen Körpersprache

Entspannt

Weiche Augen, geschlossene Schnauze, lockere Pfoten

Angespannt

Starre Augen, sichtbare Pupillen, angespannter Rücken

Das Ziel: Du lernst, nicht das Verhalten zu bewerten, sondern den Zustand dahinter zu erkennen.

Checkliste: Emotion oder Verhalten?

Aussage

Verhalten?

Der Hund liegt still

Der Hund döst mit weichem Gesicht

Der Hund fixiert bei Geräusch die Tür

(Anspannung)

Der Hund schüttelt sich nach dem Aufstehen

(Entladung)

Der Hund hechelt trotz Liegen

(Stress?)

Idealerweise erkennst Du beides und trainierst gezielt auf emotionale Entspannung hin.

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du erkennst den Unterschied zwischen „ruhigem Verhalten“ und echter Entspannung.

Du kannst Körpersprache besser deuten und weißt, worauf es beim Beobachten ankommt.

Du beginnst, emotionale Zustände Deines Hundes bewusst zu benennen und zu dokumentieren.

Vorbereitung Umwelt, Tagesstruktur und Geist Körper Balance

Warum Vorbereitung oft wichtiger ist als Training

Ruhe entsteht nicht durch einen einzelnen Trainingsschritt, sondern durch die Rahmenbedingungen im Alltag.

Ein reizüberfluteter, unausgelasteter oder unstrukturierter Tagesablauf macht es fast unmöglich, dass ein Hund wirklich zur Ruhe findet ganz egal, wie oft Du „Settle“ sagst.

Deshalb ist die Gestaltung des Umfelds und der Tagesstruktur die Basis für erfolgreiches Ruhetraining.

Die richtige Umgebung schaffen

Hunde brauchen einen klaren, sicheren Rückzugsort, an dem sie nicht ständig gestört oder abgerufen werden.

Gestaltung Tipps für die Ruhezone:

Abstand zu Türen, Fenstern oder Laufwegen

Kein Sichtkontakt zu Vögeln, Nachbarn, Kindern etc.

Matte, Körbchen oder Höhle (z. B. Box mit offenem Gitter)

Geräuschkulisse dämpfen: z. B. ruhige Musik oder White Noise

Keine plötzlichen Aktionen von Mensch oder Tier im Umfeld

Der Hund soll lernen: Hier darfst Du runterfahren es wird nichts von Dir erwartet.

Tagesstruktur mit Fokus auf Balance

Ein unausgeglichener Hund kann keine Ruhe halten weil entweder körperliche Auslastung fehlt oder zu viel Stress stattfindet, ohne Verarbeitungsmöglichkeit.

Idealstruktur für einen „Ruhe Tag“:

Tageszeit

Inhalt

Morgens

Bewegung mit Freilauf oder Nasenarbeit

Danach

Fütterung Ruhepause min. 1 h

Vormittag

kurze mentale Auslastung (z. B. Schnüffelteppich)

Mittags

gemeinsames Nickerchen / Ruhezone

Nachmittags

Spazieren oder gezielte Übungseinheit

Abend

Kuscheln, Kauen, Wind-down

Wichtig: Zwischen Reizen und Reizverarbeitung braucht es echte Ruhephasen. Hunde verarbeiten wie Kinder: im Schlaf.

Geist-Körper-Balance: Typgerechte Auslastung

Nicht jeder Hund braucht dieselbe Art von Auslastung. Und nicht jede Aktivität sorgt automatisch für Balance.

Ballspielen z. B. macht viele Hunde eher unruhiger.

Besser: ruhige, fokussierte Beschäftigungen, z. B.:

Körperlich + geistig ausgewogen:

Leinen Spaziergänge mit viel Schnüffelzeit

Zielgerichtete Suche (Dummy, Leckerlisuche, Geruchsdifferenzierung)

Clicker für ruhige Tricks (z. B. „Kopf ablegen“, „Pfote auf Matte“)

Kauknochen oder Schleckmatte nach dem Spaziergang

Faustregel: Je mehr Dein Hund denkt, desto weniger muss er rennen.

Praxisanleitung: Finde Deine „Ruhe Tagesstruktur“

Erstelle eine einfache Wochenstruktur mit 3 Komponenten pro Tag:

  1. körperliche Auslastung

  2. mentale Auslastung

  3. geplante Ruhezeiten (nicht automatisch = Schlaf)

Nutze dazu diese Vorlage (z. B. für Excel, Whiteboard oder Notizbuch):

Tag

Bewegung

Kopfarbeit

Ruhezeit fix

Montag

Waldspaziergang

Futtersuchspiel

11:00–13:00

Dienstag

Schnüffelteppich

14:00–15:30

Wichtig: Bleib flexibel, aber konsistent.

Checkliste: Ist mein Hund überhaupt „bereit“ für Ruhe?

Aussage

Trifft zu?

Mein Hund hat einen fixen, störungsarmen Rückzugsort.

Ja / ⬜ Nein

Ich plane täglich gezielte Ruhezeiten ein (mind. 2× 1 h).

Ja / ⬜ Nein

Ich achte auf Balance zwischen Bewegung und Kopf-Auslastung.

Ja / ⬜ Nein

Mein Hund schläft oder döst täglich 16–20 Stunden.

Ja / ⬜ Nein

Ich habe feste Routinen, die dem Hund Sicherheit geben.

Ja / ⬜ Nein

Wenn Du noch viele „Nein“ hast, lohnt es sich, genau dort mit dem Ruhetraining zu beginnen und nicht direkt mit „Sitz auf der Matte“.

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du richtest eine feste Ruhezone ein

Du erstellst eine erste Tagesstruktur mit geplanten Ruhezeiten

Du beobachtest, wie Dein Hund auf verschiedene Formen von Auslastung reagiert

Grundstruktur des Ruhetrainings Settle, Matwork und Cue

Der Weg zur Entspannung beginnt mit einem klaren Ritual

Ruhe lässt sich trainieren aber nicht über Druck, sondern über positive Verknüpfungen und Wiederholungen.

Das Ziel: Dein Hund lernt, sich selbstständig zu entspannen, sobald ein bestimmter Ort, ein bestimmter Ablauf oder ein Cue auftritt zum Beispiel eine Matte, das Wort „Relax“, oder eine bestimmte Berührung.

Der häufigste Aufbau erfolgt über drei Elemente:

  1. ein fester Ort (z. B. Matte, Körbchen)

  2. ein Signal/Cue (z. B. „Ruhe“, „Settle“, „Relax“)

  3. eine entspannte Atmosphäre mit Belohnung in ruhigem Zustand

Trainingsziel dieses Kapitels:

Dein Hund legt sich auf ein festes Ziel (Matte) und bleibt dort ruhig nicht durch Zwang, sondern weil es sich lohnt und weil er gelernt hat, sich dort sicher und entspannt zu fühlen.

Vorbereitung: Was Du brauchst

Rutschfeste Matte oder Körbchen (weich, aber nicht zu aufgeregt – kein Spielplatz!)

Leckerlis in kleiner, aber hoher Qualität (z. B. Käsewürfel, Trockenfleisch)

Clicker oder Markerwort (z. B. „Yes!“)

Zeitfenster mit wenig Ablenkung (z. B. vormittags, nach dem Spaziergang)

Schritt-für-Schritt-Anleitung: „Matten-Entspannung“ aufbauen

Phase 1: Die Matte wird spannend

  1. Lege die Matte aus.

  2. Sobald Dein Hund zufällig drauftritt oder sie ansieht → markern („Yes!“) → Leckerli auf die Matte.

  3. Wiederhole mehrmals, ohne zu locken. Der Hund soll freiwillig mit der Matte interagieren.

  4. Ziel: Der Hund geht von sich aus auf die Matte, weil sie Gutes ankündigt.

Phase 2: Auf der Matte bleiben

  1. Sobald der Hund alle vier Pfoten auf der Matte hat: marker + Belohnung.

  2. Belohne nur noch auf der Matte nicht in Deiner Hand.

  3. Warte, ob er sich setzt oder hinlegt dann ruhig belohnen, z. B. durch Leckerli auf den Boden oder langsames Kauen lassen.

Wichtig: Kein Aufgeregt sein, kein wildes Lob die Atmosphäre soll ruhig und sicher sein.

Phase 3: Signal einführen („Settle“, „Relax“ o. Ä.)

  1. Wenn Dein Hund sich mehrmals freiwillig hingelegt hat, sag beim Hinlegen das Wort „Settle“ oder „Ruhe“.

  2. Wiederhole über mehrere Einheiten.

  3. Führe das Signal nicht vorher ein, erst, wenn das Verhalten gefestigt ist.

Bonus: Beruhigende Elemente ergänzen

Kauknochen (zur Beruhigung nach dem Hinlegen)

Massage oder sanfte Berührung (nur, wenn Hund das mag)

Musik mit gleichmäßigem Rhythmus (z. B. „Through a Dog’s Ear“)

Aromatherapie mit Lavendel oder Kamille (sparsam einsetzen)

Dauer und Wiederholung

Trainingseinheit: 5–10 Minuten täglich

Woche 1–2: Matte als Ruhepunkt aufbauen

Woche 3–4: Dauer erhöhen, Signal verknüpfen

Woche 5+: Übung auf neue Orte übertragen (z. B. Terrasse, Café, Besuchssituation)

Checkliste: Sitzt die Basis?

Verhalten

Erfüllt?

Hund betritt die Matte freiwillig

Ja / ⬜ Nein

Hund setzt/legt sich ohne Kommando

Ja / ⬜ Nein

Matte wird mit Ruhe und Sicherheit assoziiert

Ja / ⬜ Nein

Hund bleibt mind. 30 Sek. entspannt liegen

Ja / ⬜ Nein

Cue (z. B. „Settle“) wird verstanden

Ja / ⬜ Nein

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Dein Hund kennt die Matte als „Ort der Ruhe“

Er legt sich freiwillig darauf ab

Du kannst beginnen, das Verhalten zu benennen und zu festigen

Vom Verhalten zur Entspannung, klassische Konditionierung im Fokus

Verhalten allein reicht nicht, du brauchst Gefühl!

Wenn ein Hund ruhig liegt, bedeutet das noch lange nicht, dass er sich auch ruhig fühlt. Deshalb geht das Ruhetraining über reines Verhaltenstraining hinaus.

Das Ziel: Positive emotionale Zustände wie Sicherheit, Zufriedenheit oder Müdigkeit mit einem Ort, einem Signal oder einem Ablauf so stark verknüpfen, dass der Hund automatisch in diesen Zustand findet.

Klassische Konditionierung: Das Prinzip verstehen

Bei der klassischen Konditionierung wird ein neutraler Reiz mit einem emotionalen Zustand gekoppelt so lange, bis der Reiz den Zustand automatisch auslöst.

Beispiel:

Neutraler Reiz: die Matte

Emotionaler Zustand: Entspannung

Wiederholung: Die Matte taucht immer wieder in Momenten auf, in denen der Hund sich gut fühlt

Ergebnis: Die Matte wird ein „Trigger“ für Ruhe

Das Ziel ist nicht: „Setz dich auf die Matte“

Sondern: „Die Matte fühlt sich gut an, da kann ich mich entspannen.“

Praxisanleitung: Ruhezustände konditionieren

Übung 1: Der Matten Moment nach dem Spaziergang

Timing ist alles: Der Hund ist nach dem Spaziergang ausgelastet, hormonell heruntergefahren, perfekte Basis für echte Entspannung.

  1. Nach dem Spaziergang: Matte auslegen, Kauknochen oder Schleckmatte bereitlegen.

  2. Hund darf sich von allein hinlegen, keine Aufforderung.

  3. Sobald er entspannt liegt: ruhige Stimme, ggf. sanfte Berührung.

  4. Dauer: 15–30 Minuten, dann Matte wieder wegräumen.

Wiederhole dieses Ritual täglich, immer im gleichen Ablauf, am besten zur gleichen Zeit. Die Routine erzeugt Sicherheit und Erwartung.

Übung 2: Entspannung signalisieren, mit Geruch, Ton oder Berührung

Wähle einen sinnlichen Reiz, der künftig für Entspannung steht:

Ein Duft (z. B. Lavendelsäckchen in der Nähe)

Ein Geräusch (z. B. eine bestimmte leise Musik)

Eine Berührung (z. B. sanft über die Schulter streichen)

Verknüpfe diesen Reiz nur mit wirklich ruhigen Momenten, nie in hektischen Situationen!

Beispiel Protokoll:

Reiz

Zeitpunkt

Wirkung

Lavendel

nur bei entspanntem Liegen

⚠️ positiv

Musikstück

nur bei Mattenpause

⚠️ beruhigend

Hand auf Brust

nur bei ruhigem Atem

⚠️ Sicherheit

Nach 2–3 Wochen kann ein einzelner Reiz allein schon zur Beruhigung beitragen.

⚠️ Wichtiger Hinweis: Kein „Fake Ruhig“ belohnen

Wenn Dein Hund still liegt, aber deutlich angespannt ist (starre Augen, gespannter Rücken, schneller Atem) → nicht belohnen, sondern Umgebung noch reizfreier gestalten oder den Reiz später wiederholen.

Das Ziel ist echte Entspannung, nicht bloß „funktionieren“.

Checkliste: Habe ich gute Ruhe-Trigger aufgebaut?

Punkt

Erfüllt?

Ich habe einen festen Ablauf nach dem Spaziergang (Mattenritual)

Ja / ⬜ Nein

Ich nutze Gerüche, Musik oder Berührungen gezielt nur für Ruhe

Ja / ⬜ Nein

Mein Hund zeigt auf der Matte entspannte Körpersprache

Ja / ⬜ Nein

Die Routine klappt auch ohne Futterbelohnung

Ja / ⬜ Nein

Ich erkenne, wann mein Hund nicht wirklich ruhig ist

Ja / ⬜ Nein

Dein Ziel in diesem Abschnitt:

Du konditionierst gezielt emotionale Ruhe auf Orte, Reize und Abläufe

Du erkennst den Unterschied zwischen „verordnetem Verhalten“ und „innerer Entspannung“

Du baust langfristige Ruheanker im Alltag auf

Praktische Methoden Lure, Head Halters und SOFT Techniken

Jeder Hund ist anders und braucht einen passenden Zugang zur Ruhe

Nicht jeder Hund lässt sich mit der gleichen Methode ins Ruheverhalten begleiten. Während der eine freiwillig auf die Matte geht und dort zur Ruhe findet, braucht ein anderer Hund mehr Anleitung, Sicherheit oder körperliche Unterstützung vor allem bei Unsicherheit, Nervosität oder extremem Erregungslevel.

Deshalb stelle ich Dir hier drei bewährte Zugänge vor, die Du je nach Hunde Typ, Trainingsstand und Situation kombinieren kannst.

Lure Technik ruhiges Verhalten anleiten und formen

Lure“ bedeutet: Du führst den Hund mit einem Leckerli in eine gewünschte Position hier: auf die Matte und ins Liegen.

Schritt-für-Schritt:

  1. Halte das Leckerli an die Hundenase.

  2. Führe ihn ruhig im Bogen auf die Matte.

  3. Senke die Hand langsam Richtung Boden → Hund folgt → legt sich hin.

  4. Sobald er liegt → Marker + Leckerli auf der Matte.

  5. Halte danach still. Belohne nur, wenn der Hund ruhig bleibt (ruhiges Atmen, entspannter Körper).

Ziel: Der Hund lernt die Bewegung, die zu Entspannung führt, aber ohne Hektik und Aktionismus.

Achtung: Nicht bei überdrehten Hunden verwenden diese schalten beim Lure oft in Erwartung oder Erregung um!

Head Halter oder kurze Leine, sanftes Anleiten zur Ruheposition

Besonders hilfreich für große, kräftige oder impulsive Hunde, die schwer zur Ruhe finden.

So funktioniert’s:

Nutze eine kurze Leine oder ein Halfter (wie Gentle Leader oder Halti).

Führe den Hund langsam zur Matte oder zum gewünschten Ort.

Halte die Leine sanft straff, bis er sich von selbst hinsetzt oder hinlegt (Druck Abbau Prinzip).

Sobald er sich entspannt → Leine wird locker, Belohnung folgt ruhig.

Wichtig: kein Ziehen, kein Zwingen!

Diese Methode wirkt durch das Prinzip: Spannung führt zu Entspannung → Entspannung wird belohnt.

Besonders hilfreich in öffentlichen Situationen (Tierarzt, Besuch, Hundebegegnung im Wartebereich).

SOFT Techniken Körperarbeit und Berührung für Nervensystem und Bindung

SOFT steht für „Slow, Observant, Fair und Touch based“ also langsame, beobachtende, faire Arbeit mit taktilem Fokus. Entwickelt wurde der Ansatz aus Elementen von Tellington TTouch, Feldenkrais und medizinischem Handling.

Anwendungsideen:

Sanftes „Abstreichen“ entlang der Wirbelsäule oder über die Schultern

Sanftes Kreisen mit zwei Fingern auf Brust oder Nacken

Hände ruhig auflegen auf Brust oder Hüfte → gemeinsames Atmen

✅ Nur anwenden, wenn der Hund Körperkontakt mag und nicht gestresst ist!

❌ Nie bei Panik, Schmerz oder überdrehtem Zustand forcieren.

Ziel: Über Körperkontakt Emotionen beruhigen, Selbstwahrnehmung fördern und Nervensystem regulieren.

Kombinieren statt dogmatisieren

Oft ergibt sich der beste Effekt aus einer Kombination der Methoden z. B.:

Lure für den Einstieg, dann

SOFT-Berührung zur Vertiefung, und

Ritualisierte Routine mit Signal und Musik zur Konditionierung.

Checkliste: Welche Methode passt zu meinem Hund?

Verhalten / Typ

Methode geeignet?

Aktiv, neugierig, futtermotiviert

Lure-Technik

Groß, kraftvoll, schwer steuerbar

Head-Halter

Körperkontaktliebend, sensibel

SOFT-Techniken

Hochdreht bei Futter

Kein Lure, lieber Matte+Ritual

Panisch oder überfordert in fremder Umgebung

Kein Druck, lieber Nähe und Kontakt

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du findest die Methode(n), die am besten zu Deinem Hund passen

Du arbeitest bewusst mit Körper, Raum und Gefühl nicht nur mit Kommandos

Du verbindest Verhalten mit emotionaler Entspannung

Alltagstraining: Aufbau von Dauer und Ablenkung

Von „5 Sekunden Ruhe“ zu Gelassenheit im Alltag

Der Hund hat gelernt, auf der Matte oder an einem bestimmten Ort runterzufahren doch jetzt geht es darum, die Dauer zu verlängern und Ablenkungen Schritt für Schritt einzubauen. Ziel ist, dass er sich auch in realen Alltagssituationen (z. B. beim Cafébesuch oder bei Besuch zu Hause) entspannen kann.

Aufbau der Dauer, langsam, aber konsequent

So geht’s:

  1. Starte klein: Belohne Deinen Hund, wenn er 5 Sekunden ruhig bleibt.

  2. Steigere schrittweise: Erhöhe die Dauer um 5–10 Sekunden pro Wiederholung, solange er entspannt bleibt.

  3. Erhöhe das Intervall zwischen den Belohnungen: Anfangs alle 5 Sekunden belohnen, später 10, 20, 30 Sekunden warten.

  4. Belohne variabel: Mal nach 5 Sekunden, mal nach 20 – so lernt der Hund, dass langes Warten sich lohnt.

Pro-Tipp: Wenn Dein Hund unruhig wird, gehe wieder einen Schritt zurück und belohne öfter.

Ablenkungen gezielt trainieren

Ablenkungen dürfen nicht zu früh kommen! Erst wenn die Dauer zu Hause klappt, kannst Du nach und nach äußere Reize einbauen.

Ablenkungsleiter (Beispiele):

Level 1: Geräusche aus der Ferne (z. B. Radio)

Level 2: Familienmitglieder gehen durch den Raum

Level 3: Besuch kommt rein, aber ignoriert den Hund

Level 4: Kurze Outdoor-Übungen (Garten, Balkon)

Level 5: Ruhe im Café oder bei Freunden

Tipp:

Bringe immer die Matte oder einen bekannten Ruheplatz mit. Dieser gewohnte Ort dient als „emotionaler Anker“ und gibt Sicherheit.

Hilfsmittel für das Alltagstraining

Schleckmatten oder Kauartikel: fördern entspanntes Liegen.

Feste Ruhezeichen: z. B. ein Signal wie „Relax“.

Umgebungsmanagement: Bei zu hoher Ablenkung (z. B. Spielplatznähe) lieber Abstand schaffen.

Praxisübung: „Café Test zu Hause“

Simulation:

Stelle eine Decke im Wohnzimmer bereit (wie später im Café).

Spiele über Lautsprecher Hintergrundgeräusche (Menschenstimmen, Tellerklirren).

Lasse Deinen Hund auf der Decke entspannen belohne ruhige Momente.

Nach einigen Trainingseinheiten: Geh mit der Decke ins echte Café (ruhige Zeit, z. B. vormittags).

Fehler, die den Aufbau sabotieren

Zu schnelle Steigerung: Hund ist überfordert, springt auf.

Dauerbelohnung: Zu viele Leckerlis, Hund wartet nur auf Futter.

Fehlende Routine: Keine festen Ruhezeiten → Hund bleibt „auf Empfang“.

Falsches Timing: Belohnung in Momenten der Unruhe.

Checkliste für Alltagstraining

Punkt

Erfüllt?

Hund bleibt 1–2 Minuten ruhig auf der Matte

Ja / ⬜ Nein

Dauer wird schrittweise gesteigert (bis zu 5–10 Min.)

Ja / ⬜ Nein

Ablenkungen werden systematisch eingeführt

Ja / ⬜ Nein

Hund kann in mindestens einer Alltagssituation (z. B. Café) entspannen

Ja / ⬜ Nein

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Dein Hund kann schrittweise länger ruhig bleiben

Du übst gezielt, Ablenkungen einzubauen, ohne den Hund zu überfordern

Du bereitest Deinen Hund auf echte Alltagssituationen vor

Physiologie beachten Stress Marker, HRV und Wohlbefinden

Warum Verhalten allein nicht reicht

Ein Hund kann ruhig wirken aber innerlich voller Stresshormone sein.

Wenn Du echtes Ruheverhalten trainieren willst, solltest Du auch die körperlichen Anzeichen für Entspannung und Stress erkennen können. Damit kannst Du Dein Training besser steuern und auf den Zustand Deines Hundes eingehen nicht nur auf seine Form.

Was ist echte Entspannung aus physiologischer Sicht?

Bei echter Entspannung verändern sich:

die Atmung (langsamer, gleichmäßig)

die Muskelspannung (locker, weich)

die Herzfrequenz (ruhig und variabel)

der Gesamtausdruck (weicher Blick, entspannte Rute, ruhiges Verhalten)

die Ausschüttung von Stresshormonen (Cortisol sinkt, Oxytocin steigt)

Diese Merkmale sind nicht direkt messbar im Alltag aber Du kannst sie über Verhalten und Körpersprache sehr gut einschätzen.

Messbare Parameter aus der Forschung

1. HRV Herzfrequenzvariabilität

Die HRV misst, wie flexibel das Herz auf innere und äußere Reize reagiert.

➡️ Hohe HRV = gutes Wohlbefinden

➡️ Niedrige HRV = Stress, Anspannung oder Überforderung

Moderne Tracker (z. B. Pet Pace, spezielle Brustgurte) ermöglichen diese Messung interessant z. B. im Leistungssport oder bei Angsthunden.

2. Cortisol

Cortisol ist ein bekanntes Stresshormon. Es steigt bei Angst, Überforderung oder körperlichem Stress.

➡️ Blut oder Speicheltests beim Tierarzt möglich, aber eher in Forschung oder bei chronischen Problemen sinnvoll.

3. Oxytocin

Oxytocin (auch „Bindungshormon“) steigt bei angenehmen Sozialkontakten und Berührung.

➡️ Streicheln, ruhige Stimme und soziale Nähe können Oxytocin fördern und so Entspannung unterstützen.

Praxis: Körpersprache als Bioanzeige

Hier findest Du konkrete Anzeichen, die Dir im Alltag helfen:

Entspannung

Anspannung

weicher Blick, halb geschlossene Augen

weit aufgerissene Augen („Scannen“)

ruhige, gleichmäßige Atmung

Hecheln ohne Bewegung

locker auf der Seite liegen

steif sitzen oder in „Sphinx-Stellung“ verharren

Rute lose, leicht liegend

Rute angespannt oder eingeklemmt

gelegentliches Seufzen

keine Entladungszeichen

Beobachte Deinen Hund in verschiedenen Situationen:

Nach Spaziergang, bei Besuch, bei Ruheübungen – und dokumentiere, wie er aussieht, wenn er wirklich entspannt ist.

Praxisübung: „Ruhefenster“ beobachten

  1. Lege Deinen Hund auf seine Matte, am besten nach Bewegung.

  2. Warte 10 Minuten in stiller Umgebung.

  3. Beobachte, wie sich Atem, Haltung, Gesichtsausdruck und Ohren verändern.

  4. Notiere:

    Wie lange dauert es, bis echte Ruhe einkehrt?

    Wie sieht Dein Hund vorher/nachher aus?

Vorlage:

Zeit

Atmung

Körperhaltung

Augen / Kopf

0:00

schnell, flach

aufrecht, wachsam

wach, scannt

7:30

ruhig, tief

auf Seite, locker

halb geschlossen

Checkliste: Erkenntnisse zur körperlichen Entspannung

Punkt

Erfüllt?

Ich erkenne sichtbare Entspannungszeichen

Ja / ⬜ Nein

Ich kann Anspannung von Müdigkeit unterscheiden

Ja / ⬜ Nein

Ich beobachte Atemmuster und Muskeltonus regelmäßig

Ja / ⬜ Nein

Ich fördere Oxytocin (durch Berührung, Nähe, Routine)

Ja / ⬜ Nein

Ich achte auf Stress-Spitzen im Alltag und gleiche sie aus

Ja / ⬜ Nein

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du lernst, die Körpersprache als Spiegel innerer Zustände zu nutzen

Du verstehst, wie physiologische Marker mit Training zusammenhängen

Du passt Dein Training an die echten Zustände Deines Hundes an, nicht nur an seine Form

Besondere Herausforderungen, Jung, Sport und Hochenergiehunde

Nicht jeder Hund hat ein „Ruhe Gen“

Gerade bei jungen Hunden, Hütehunden, sportlichen Linien oder sehr sensiblen Typen ist das Thema Ruhetraining eine echte Herausforderung. Diese Hunde sind wach, reaktionsschnell, lernwillig aber eben oft auch schnell überreizt, frustriert oder „on fire“.

Das heißt aber nicht, dass sie nicht zur Ruhe kommen können. Nur der Weg dorthin ist anders systematischer, bewusster, länger.

Die typischen Schwierigkeiten

Schnelle Erregung, langsame Entladung

Lernfreude → Falsche Belohnungen führen zu Daueranspannung

Hoher Frustpegel bei Inaktivität

Schnelle Generalisierung (z. B. „Matte = Action“)

Lange Wachphasen und wenig Tiefschlaf

Ruhe muss bei diesen Hunden gelernt, ritualisiert und verdient werden.

Drei Hebel für Erfolg mit Hibbel Hunden

Struktur und Vorhersehbarkeit

Fixe Routinen (Fütterung, Gassi, Ruhezeit)

Klar trennbare Aktivität und Ruhephasen

Regelmäßige körperliche UND kognitive Auslastung, nicht nur eins davon

Faustregel: Planung ersetzt Kontrolle. Ein Hibbel Hund, der weiß, was wann kommt, wird langfristig ruhiger.

Stress abbauen durch kontrollierte Aktivität

Ein überaktiver Hund braucht nicht mehr Bewegung sondern sinnvolle Aktivität, die ins Nervensystem passt.

Geeignete Aktivitäten:

Mantrailing oder Zielobjektsuche (fokussierend und erschöpfend)

Apportieren mit Impulskontrolle (z. B. nicht sofort loslaufen)

Leinen Spaziergänge mit vielen Schnüffelstopps

Konzentrationstrainings (z. B. „Schau mich an“, „Pfote halten“, „Box“)

Ballwerfen, wilde Rennspiele oder Dauerbelohnung bei Erregung kontraproduktiv!

Emotionale Regulation statt bloßer Gehorsam

Wichtiges Umdenken:

Nicht „Hund soll brav liegen“, sondern „Hund soll innerlich zur Ruhe finden dürfen“.

Das bedeutet auch:

Frustration aushalten üben, z. B. beim Warten

Inaktivität belohnen, nicht Aktivität

Ruhe als Zustand formen, nicht nur als Befehl

Manchmal braucht es Umwege: z. B. nach Trainingseinheit zuerst 10 Minuten Schleckmatte dann Ruheübung.

Praxisbeispiel: Tagesplan für einen hochaktiven Junghund

Uhrzeit

Inhalt

07:00

Kurzer Gassi mit Suchspiel

08:00

Fütterung mit Schleckmatte + Ruhephase

11:00

Konzentrationsübung (z. B. Target/Trick)

13:00

Lange Ruhezeit (Box, Matte, abgedunkelt)

16:00

Mantrailing oder Impulskontrollspiel

18:00

Kaustrick + Entspannungsmusik

20:00

Gemeinsames Chillen (Sofa, Massage)

Ruhe entsteht nicht von allein sie braucht Raum, Zeit und Training.

Checkliste: Ist mein Hund überfordert oder einfach aktiv?

Aussage

Trifft zu?

Mein Hund bellt, fiept oder läuft unruhig in Pausen

Ja / ⬜ Nein

Er schläft selten tief und lang

Ja / ⬜ Nein

Er wirkt oft „getrieben“, auch nach Aktivität

Ja / ⬜ Nein

Er zeigt Frust (Springen, Beißen, Leineziehen etc.)

Ja / ⬜ Nein

Ruheübungen führen zu mehr Stress als zu Entspannung

Ja / ⬜ Nein

Mehrere „Ja“ bedeuten: Kein Training mit Druck sondern besser Planung, emotionale Sicherheit, strukturierte Auslastung und kleine Ruheinseln.

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du erkennst typische Herausforderungen bei Triebigen, jungen oder sportlichen Hunden

Du steuerst Ruhe über Tagesstruktur, nicht über Befehle

Du nutzt angepasste, typgerechte Aktivitäten zur Entladung und Fokussierung

Fehlerquellen und ethische Reflexion

Warum Ruhetraining oft falsch verstanden wird

Ruhetraining ist in Mode und das ist gut. Aber leider wird es häufig verkürzt, falsch angewendet oder sogar missbraucht, um Hunde stillzustellen, statt sie wirklich zu entspannen.

Deshalb lohnt sich ein klarer Blick: Was sind häufige Stolperfallen und wie können wir sie vermeiden?

1. Ruhig ≠ ruhig

Ein liegender Hund ist nicht automatisch entspannt. Viele Hunde lernen:

Wenn ich mich bewege, passiert was Unangenehmes.“

Wenn ich ganz still bin, gibt es Leckerli.“

Das ist funktionales Ruhigstellen, aber keine emotionale Regulation.

Besser: Nur belohnen, wenn der Hund wirklich locker und ruhig ist (s. Kapitel 2 und 8).

2. Entspannung wird erzwungen

Beispiele für unethische Methoden, die leider verbreitet sind:

Hund wird mit Leine oder Körperdruck zum Liegen gezwungen

Ruheübungen in überfordernden Situationen (z. B. beim Tierarzt)

Aufgedrückte „Bindungsübungen“ oder Fixierung mit Körperkontakt

Diese Techniken wirken nach außen ruhig aber innen entsteht Stress, Frust oder Hilflosigkeit.

das hat mit fairer Hundeerziehung nichts zu tun.

3. Überforderung durch zu hohe Erwartungen

Viele Menschen erwarten zu schnell zu viel:

Er muss doch jetzt einfach mal still sein können!“

Aber gestern hat er das schon gekonnt!“

Andere Hunde machen das doch auch!“

Jeder Hund hat sein eigenes Tempo, seine eigene Vorgeschichte, seine eigene Reizverarbeitung.

Ruhe entsteht durch Sicherheit und Vertrauen, nicht durch Strenge.

4. Belohnung falsch getimt

Falsches Timing führt dazu, dass:

Unruhe belohnt wird („Er hat gerade gebellt, aber ich wollte ihn beruhigen …“)

Spannung verstärkt wird („Er liegt, aber fixiert alles ich belohne trotzdem.“)

Erwartungshaltung entsteht („Liege ich brav, kommt gleich das nächste Action Leckerli!“)

Die Kunst ist, Ruhe nicht zu „füttern“ sondern zu verstärken, wenn sie wirklich da ist.

Ethik Check: Was macht Ruhetraining tierschutzgerecht?

Frage

Deine Antwort

Zwinge ich meinen Hund nie körperlich in eine Position?

Ja / ⬜ Nein

Achte ich auf seine Körpersignale und beende, wenn’s zu viel wird?

Ja / ⬜ Nein

Ist mein Ziel innere Entspannung – nicht bloß äußere Kontrolle?

Ja / ⬜ Nein

Belohne ich nur echte Ruhe – nicht angespannte Stille?

Ja / ⬜ Nein

Habe ich Geduld für seinen individuellen Lernweg?

Ja / ⬜ Nein

Wenn Du bei allen Punkten „Ja“ sagen kannst: Du bist auf einem guten Weg.

Reflexion für Dich als Mensch

Ruhetraining verändert auch uns: Es fordert Geduld, Beobachtungsgabe und Achtsamkeit.

Es ist kein Trick, sondern ein langfristiger Prozess.

Es bedeutet auch, unsere eigenen Erwartungen und Rhythmen zu hinterfragen und Raum zu schaffen für das, was der Hund wirklich braucht.

Ruhe entsteht da, wo Vertrauen, Sicherheit und Freiwilligkeit zusammenkommen.

Dein Ziel in diesem Kapitel:

Du erkennst verbreitete Fehler und kannst sie aktiv vermeiden

Du trainierst mit Haltung, Respekt und echter Empathie

Du baust auf eine tiefe, freiwillige Ruhe nicht auf Kontrolle

Evaluierung und langfristige Integration

Was bringt’s und woran erkennst Du echten Fortschritt?

Ruhetraining ist kein Sprint, sondern ein Prozess. Manche Effekte zeigen sich schnell, andere brauchen Wochen oder Monate. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig zu reflektieren: Was verändert sich wirklich beim Hund, bei Dir, im Alltag?

1. So erkennst Du echten Erfolg

Dein Hund…

… zieht sich freiwillig zurück, ohne Aufforderung

sucht die Matte, wenn er müde oder überfordert ist

liegt länger entspannt da, auch ohne ständige Belohnung

bleibt in neuen Situationen eher ruhig

zeigt seltener Stressreaktionen bei Reizen

schläft insgesamt mehr und tiefer

hat ein weicheres, präsenteres Sozialverhalten

Das Ziel ist nicht, dass Dein Hund „funktioniert“. Sondern dass er sich sicher genug fühlt, um loszulassen.

2. Rückblick und Fortschrittsjournal

Halte wöchentlich fest:

Woche

Dauer ruhigen Liegens

Reaktion auf Ablenkung

Freiwilliges Rückzugsverhalten

Bemerkung

1

max. 30 Sekunden

springt auf bei Geräusch

nie

sehr unruhig

4

3–5 Minuten

schaut kurz, bleibt liegen

geht nach Spaziergang selbst auf Matte

Fortschritt!

So erkennst Du nicht nur Rückschritte, sondern auch kleine Fortschritte, die oft im Alltag untergehen.

3. Integration ins echte Leben

Damit Ruhe nicht Trainingssache bleibt, sondern gelebter Alltag wird:

Zuhause:

Feste Ruhephasen einplanen (z. B. 11–13 Uhr, 15–17 Uhr)

Klare Signale für „Pause“, z. B. Entspannungsmusik, Matte, Duft

Keine Dauerberieselung (Radio, TV, Kindertrubel)

Unterwegs:

Matte oder Decke immer dabeihaben

Vor Spaziergang Ruheübung (z. B. Settle auf Matte)

Nach Aktivitätbewusste Entspannung einleiten

Mit Familie:

Alle Familienmitglieder über Ruhezeiten informieren

Kinder lernen: „Wenn Hund auf der Matte liegt, in Ruhe lassen“

4. Transfer auf neue Lebensbereiche

Ruhe ist überall wertvoll nicht nur zu Hause.

Anwendungsfelder:

Situation

Nutzen von Ruhetraining

Tierarztbesuch

geringerer Stress, bessere Kooperation

Urlaub mit Hund

weniger Belastung, mehr Entspannung

Hundesport / Training

besseres Erregungsmanagement

Neue Reize (z. B. Umzug)

vertraute Rituale helfen beim Ankommen

Zusammenleben mit anderen Tieren

Konfliktvermeidung durch Rückzugsmöglichkeiten

5. Tools und Tipps für langfristige Unterstützung

Ruhe-Ritualkiste: Matte, Schleckmatte, Lavendelspray, Musik

Apps oder Tagebuch: z. B. zur HRV-Erfassung, Tagesstruktur

Trainer:in oder Coach: regelmäßig Feedback holen, objektiv reflektieren

Wechselspiel: 3 Tage ruhig, 1 Tag aktiv (zur Regeneration)

Abschluss Checkliste: Integration gelungen?

Aussage

Trifft zu?

Mein Hund hat tägliche, feste Ruhezeiten

Ja / ⬜ Nein

Er zieht sich selbstständig zurück

Ja / ⬜ Nein

Ich kann Ruhe auch unterwegs abrufen

Ja / ⬜ Nein

Ich beobachte langfristige Verhaltensveränderungen

Ja / ⬜ Nein

Ich trainiere nicht mehr ich lebe die Ruhe

Ja / ⬜ Nein

Wenn Du viele Häkchen setzen kannst: Herzlichen Glückwunsch! Du hast nicht nur etwas trainiert Du hast die Lebensqualität Deines Hundes verbessert.

Fazit: Ruhe ist Beziehung, nicht Gehorsam

Ruhe ist ein Geschenk, das Du Deinem Hund machst nicht eine Leistung, die er erbringen muss.

Sie entsteht durch Zeit, Wiederholung und echte Verbindung.

Und sie lohnt sich für Euch beide.


C. Kaul

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