Ein gesunder Start ins Hundeleben
- zumlorcheborn

- 14. Nov.
- 4 Min. Lesezeit

Ein gesunder Start ins Hundeleben beginnt vor dem Kauf. Mit wenigen, gut strukturierten Prüfungen kannst Du das Risiko für Erbkrankheiten und spätere Tierarzt Odysseen deutlich senken. Hier findest Du eine klare Schritt für Schritt Anleitung, rassespezifische Standardtests (HD/ED, Augen, Herz, Patella, BOAS, DNA Panels), eine verständliche Lesehilfe für Papiere (Ahnentafel, Befunde, Zuchtzulassung) und Checklisten, um seriöse Anbieter im IDF/VDH/ Umfeld (FCI) zu erkennen.
Schritt für Schritt: So gehst Du vor
Bedarf klären: Lebensstil, Größe, Aktivitätslevel, Pflegeaufwand. (Siehe unsere Rassewahl Beiträge.)
Verband und Zuchtstätte prüfen: Mitgliedschaft in IDF/VDH/ (FCI anerkannt), Zuchtordnung, Gesundheitsprogramme.
Wurf und Eltern anschauen: Muttertier vor Ort, Haltungsbedingungen, Sozialisation, Wesen.
Gesundheitsnachweise sichten: HD/ED/PL Befunde, ECVO Augenzeugnis, Herz Echo/Doppler, BOAS-Einstufung (bei Brachycephalen), BAER-Hörtest (weiße/Merle Rassen), rassespezifische DNA-Tests.
Papiere verstehen: Ahnentafel (FCI), Zuchtzulassung/Körung, Wurfabnahmeprotokoll, Heimtierausweis, Mikrochip, Kaufvertrag.
COI (Inzuchtkoeffizient) erfragen: Möglichst tief (Richtwert < 6–8 % über 10 Generationen, rassespezifisch einordnen).
Übergabe erst ab ca. 8–10 Wochen: Welpen sind geimpft, gechippt, entwurmt; Sozialisation angelaufen.
Die Standard Screenings (rasseübergreifend)
Skelett und Gelenke
HD (Hüftdysplasie, FCI Schema): A (frei) bis E (schwer). Zucht i. d. R. nur mit A/B. Röntgen ab definierter Altersgrenze, fachlich ausgewertet.
ED (Ellbogendysplasie): 0 (frei) bis 3 (schwer). Große/rasch wachsende Rassen besonders relevant.
PL (Patellaluxation): Grad 0–4. Wichtig bei kleinen/leichteren Rassen (z. B. Zwergpudel, Chihuahua).
Wirbelsäule (rassespezifisch): Hemivertebrae/Keilwirbel bei Schraubschwanz Rassen (Franz. Bulldogge, Mops, Boston Terrier); ggf. Röntgen/CT.
Augen (ECVO)
Offizielles ECVO Augenzeugnis durch anerkannte Ophthalmologe (jährlich/zyklisch gemäß Rassevorgaben). Screenings u. a.: Katarakt, PRA, CEA, Linsenluxation, Distichiasis, Trichiasis, Hornhautveränderungen.
Herz
Echo (inkl. Doppler): für Rassen mit Risiko für Mitralklappen Erkrankung (z. B. Cavalier King Charles Spaniel), DCM (z. B. Dobermann, Deutsche Dogge), Aorten /Pulmonalstenosen (z. B. Boxer, Bulldoggen, Neufundländer je nach Linie).
Holter EKG (24 h): insb. bei Boxern und Dobermann (Arrhythmien/ARVC/DCM Screening).
Atmung und BOAS (bei Brachycephalen)
BOAS Funktion grading (0–3), Untersuchung der Nasenöffnungen, Gaumensegel, Kehlkopf; Belastungstest. Zusätzlich Hitzerisiko, Schlafapnoe, Anästhesie Risiken besprechen.
Gehör (BAER)
BAER Test für Dalmatiner, weiße/Merle Linien, Hunde mit Pigmentmangel an Ohrmuscheln.
DNA Tests (gezielt statt „Gießkanne“)
Nur rassespezifisch valide Varianten testen: Panels sind praktisch, aber Resultate sind varianten und rasseabhängig interpretierbar.
Befundformate: „frei/+/+“, „Träger +/-“, „betroffen -/-“ (Begriffe je nach Labor); Träger sind klinisch meist gesund, aber relevant für Zuchtplanung.
Kein Ersatz für klinische Untersuchungen: DNA ersetzt nicht ECVO, Echo, Röntgen.
Rassespezifische Empfehlungen (Beispiele, nicht abschließend)
Hüte /Treibhunde (Border Collie, Australian Shepherd, Sheltie, Collie, Kelpie)
HD/ED, ECVO (CEA, PRA Formen, Katarakt), ggf. PL bei leichten Linien.
DNA: MDR1, CEA (Collie-Linien), TNS & NCL (Border Collie), HSF4 (Aussie, Katarakt), ggf. PRA prcd /rcd2 je nach Linie.
Merle Management: Kein Merle × Merle (Risiko für Taubheit/Augenfehler).
Retriever/Spaniels (Labrador, Golden, Flat, Cocker, Springer)
HD/ED, ECVO; bei arbeitsfreudigen Linien besonderes Augenmerk auf Ellbogen.
Labrador DNA: EIC, HNPK, PRA prcd, CNM.
Golden DNA: PRA-Varianten (PRA1/2, prcd), Ichthyose (1/2).
Cocker DNA: prcd-PRA, FN (fam. Nephropathie), ggf. AMS/PKF je nach Linie.
Molosser und Boxer/Dobermann/Deutsche Dogge (inkl. Mastiff Typen)
HD/ED, ggf. Wirbelsäule (Spondylose je nach Rasse/Alter).
Herz: Echo/Doppler; Boxer (ARVC – Holter), Dobermann/Dogge (DCM).
Bulldoggen-Typen (brachycephal): zusätzlich BOAS-Grad, Wirbelsäulen Screening (Hemivertebrae).
Nordische (Siberian Husky, Alaskan Malamute, Samojede)
HD, ggf. Augen (HC/PRA-Formen je nach Linie), ECVO.
Auf Ausdauer/Herz Gesundheit bei Leistungszuchten achten (klinisch, kein einzelner DNA Marker).
Kleine Begleithunde/Toys (Zwergpudel, Chihuahua, Papillon, Malteser, Havaneser)
PL (Patella), ECVO, Zahnstatus (Milchzahnretention), Herz Auskultation (Mitralklappe je nach Rasse).
Zwergpudel DNA: prcd PRA u. a.
Dachshund und kurzbeinige Chondrodystrophe (Dackellähme)
HD (je nach Verband), Wirbelsäulen Beurteilung (Bandscheibenverkalkungen/IVDD Risiko je nach Zuchtordnung), ECVO.
Dalmatiner und weiß/Merle geprägte Linien
BAER Hörtest, ECVO.
Dalmatiner DNA: HUU (Hyperurikosurie) Management in Zucht und Fütterung beachten.
Papiere und Befunde richtig lesen
Ahnentafel (FCI anerkannt: SKG/VDH/ÖKV)
FCI Logo und Verband: Zuchtbuch Nr., Zwingername geschützt, Eltern/Großeltern klar gelistet.
Gesundheitshinweise/Codes: Oft sind HD/ED/PL/ECVO-Resultate bei den Ahnen vermerkt (z. B. „HD-A, ED 0/0, ECVO frei“); Legende beim Zuchtklub erfragen.
Zuchtzulassung/Körung: Datum, Auflagen (z. B. HD-Grenzen, Wesenstest); allfällige Zuchtausschlüsse.
Export Pedigree: bei Importhunden; prüfe die Anerkennung im Zielland.
Befunde und Zertifikate
HD/ED: Ergebnis mit Datum, Gutachterstelle (FCI-konform). Beispiel: „HD A/A, ED 0/0“.
PL: Grad je Knie, z. B. „PL 0/0“.
ECVO: „frei“ (ohne Befund) oder Befunde mit Einstufung; Datum und Gültigkeit beachten (oft 12 Monate).
Herz: Echo/Dopplerbericht (Struktur, Fluss, Klappen), Holter-EKG (24 h) mit Auswertung.
BOAS: Funktionsgrad 0–3, Zusatzbefunde (Nasenflügel, Gaumensegel).
BAER: „+/+“ (beidseits hörend), „+/-“ oder „-/-“.
DNA: Gen/Variante + Genotyp (z. B. „MDR1 +/+ frei“, „vWD Träger +/-“). Träger ≠ krank, aber für Zuchtplanung wichtig.
Weitere Unterlagen
Wurfabnahmeprotokoll: Kontrolle durch Zuchtwart: Identität, Zustand der Welpen, Haltungsumfeld.
Heimtierausweis: Mikrochip Nummer, Impfungen, Entwurmungen.
Kaufvertrag: Gesundheitsgarantien nur bei Züchtern, Rücknahme/Rücktrittsregelung, Zuchtausschluss (falls vereinbart), Datenschutz, Widerrufsklauseln je nach Land.
Seriöse Anbieter erkennen (und unseriöse ausfiltern)
Im Verband organisiert: SKG/VDH/ÖKV-Zwinger, FCI Anerkennung, Zuchtordnung öffentlich, Gesundheitsauflagen verbindlich.
Transparente Gesundheitsdaten: Originalbefunde/QR-Codes einsichtbar; keine „nur Kopien“ oder ausweichende Antworten.
Wenige, gut betreute Würfe: Mutterhündin vor Ort, nachvollziehbare Sozialisationsschritte, keine „Parkplatzübergaben“.
Fragen an Dich: Gute Züchter prüfen Dich ebenso (Alltag, Zeit, Erfahrung) das ist ein Pluspunkt.
Keine Billigangebote ohne Papiere: „Gleich wie mit Papieren nur günstiger“ ist ein Warnsignal.
Doodle/Designer Mix: Kein FCI Rasseverband: verlange alle relevanten Tests beider Ausgangsrassen (z. B. Labrador und Pudel) in derselben Qualität.
Vorsorgepläne nach Rasse Typ (für die Zeit nach dem Kauf)
Kleine Rassen
Jährlich: Zahncheck/Zahnstein, Herz-Auskultation (ab 6–8 J.), ECVO gemäß Klub.
Gewicht und Patella: BCS (Body Condition Score) halten; PL Kontrollen bei Auffälligkeiten.
Mittelgroße Rassen
Jährlich: Orthopädie Check, Gewicht, Haut/Ohren.
Alle 1–2 J.: ECVO je nach Rasse, Schilddrüse/Blutbild bei klinischem Verdacht.
Große und Riesenrassen
Jährlich: Herz (ab 5–6 J. Echo/ggf. Holter), Bewegungsapparat, Röntgen bei Verdacht.
Fütterung: Gelenk /Gewichtsmanagement, mehrere kleine Mahlzeiten (Magendrehungsprophylaxe).
Brachycephale Rassen
Jährlich: BOAS Funktionscheck, Augen, Zähne, Gewicht strikt managen.
Sommer: Hitzeroutine (kühle Zeiten, kurze Strecken, Kühlmöglichkeiten).
Checklisten zum Mitnehmen
Vor dem ersten Kontakt
Verband und Zuchtordnung gecheckt (SKG/VDH/ÖKV, FCI anerkannt).
Rassespezifische Mustertests notiert (HD/ED/PL, ECVO, Herz, ggf. BOAS/BAER, DNA).
COI Richtwert definiert; Fragen an Züchter vorbereitet.
Beim Besuch
Muttertier gesehen, Haltung/Sozialisationsumfeld stimmig.
Originalzertifikate/Offizielle Befunde gezeigt bekommen.
Welpen altersgemäß, neugierig, sauber; keine „Schnellabgabe“.
Vor Kauf/Abholung
Ahnentafel/Registrierung, Mikrochip Nr., Heimtierausweis kontrolliert.
Wurfabnahmeprotokoll und Kaufvertrag vollständig gelesen.
Impfung /Entwurmungsstatus aktuell; Übergabealter ≥ 8–10 Wochen.
Glossar (kurz und knackig)
HD/ED: Hüft /Ellbogendysplasie (FCI-Gradierung).
PL: luxierende Kniescheibe, Grad 0–4.
ECVO: offizielles Augenzeugnis (europäischer Standard).
BOAS: brachycephales Atemwegssyndrom, Grad 0–3.
BAER: Hörtest (Gehirnstamm-Antworten).
COI: Inzuchtkoeffizient in %, je tiefer desto besser (rassespezifisch interpretieren).
Körung/Zuchtzulassung: formale Eignung zur Zucht (Gesundheit/Wesen).
Fazit
Seriöse Zucht ist messbar: klare Verbandszugehörigkeit, nachvollziehbare Gesundheitsbefunde, transparente Zuchtplanung und die Bereitschaft, alle Fragen zu beantworten. Mit dieser Anleitung liest Du Papiere sicher, ordnest Befunde realistisch ein und triffst eine informierte, tierwohlgerechte Entscheidung. Das Resultat: bessere Chancen auf einen gesunden, passenden Hund fürs Leben.
C. Kaul



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